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Verfassung für Nepal löst Proteste aus

Sieben Jahre lang haben die Parteien in Nepal über die Verfassung des Landes gestritten. Politische Ämter wurden in dieser Zeit mehrfach neu besetzt, mehrere Neuwahlen abgehalten. Es musste erst eine Katastrophe passieren, um die Politiker endlich zu einem Kompromiss zu bewegen. Nach dem Erdbeben war erstmals zu erkennen, dass sich alle für eine schnelle Lösung einsetzten. So wurde der Verfassungsentwurf mit großer Mehrheit im Parlament verabschiedet. Mehr als 500 von fast 600 Abgeordneten stimmten dafür.

Aber nun werden Stimmen laut, dass die Notsituation zu übereiltem Handeln geführt hat. Die Verfassung sei noch unvollständig und die umstrittenen Grenzen der Bundesstaaten immer noch nicht exakt festgelegt. Das ist nur einer der Punkte, die das Volk unzufrieden machen. Ethnische Minderheiten fühlen sich benachteiligt. Und auch die Frauenrechte sind noch stark verbesserungswürdig. So kann weiterhin ein Kind nur die nepalesische Staatsbürgerschaft erhalten, wenn der Vater aus Nepal stammt. Alleinerziehende Mütter oder Mütter mit Ehemännern, die nicht aus Nepal stammen, haben staatenlose Kinder. Bei einigen unserer Patenkinder haben die Väter die Familien verlassen. Für diese Kinder wird es schwer oder unmöglich sein, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, da die Väter sich nicht mehr um die Familien kümmern oder sie gar verleugnen.

Am 20. September ist nun die neue Verfassung in Kraft getreten. Seitdem gibt es in Nepal verstärkt Proteste, Streiks und Blockaden an den Grenzen zu Indien. Dadurch werden in Nepal Lebensmittel und Treibstoff knapp. Es gibt inzwischen Reglungen, nach denen nur die Hälfte der Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein darf. Entscheidend ist, ob das Nummernschild mit einer geraden oder ungeraden Zahl endet.
Sollten die Blockaden nicht bald aufgehoben werden, wird es durch Lebensmittelknappheit zu noch größerer Unzufriedenheit in der Bevölkerung kommen. Das wird weitere Proteste nach sich ziehen und möglicherweise auch weitere Tote fordern. Bisher kamen schon mehr als 40 Menschen bei Auseinandersetzungen ums Leben.

Eigentlich hat Nepal mit dem Wiederaufbau nach dem Erdbeben schon genug schwer lösbare Probleme. Wir können nur hoffen, dass die Nepalesen nicht noch mehr Leid aushalten müssen.