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Tagesbericht aus Nepal

Zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05. November 2015 19:40
Veröffentlicht: Donnerstag, 05. November 2015 18:50
Geschrieben von Sylvia Alpers

Und wieder haben wir zwei ausgefüllte Tage verbracht.

Gestern ging es weiter mit den Familienbesuchen. Vielleicht aus Rücksicht auf unsere eher mäßige Kondition wurden wir ziemlich weit oben am Berg abgesetzt, wo uns Balkrishna und Rhadeshyam erwarteten. Die Besuchsroute führte uns hin und her den Berg hinab. Wir besuchten zunächst zwei Familien gemeinsam, dann teilten wir uns in zwei Gruppen auf, um möglichst viele Patenkinder und deren Familien zu besuchen. Überall wurden wir freundlich begrüßt, man zeigte uns bereitwillig das Innere der Häuser und ließ uns dort fotografieren.

Heute haben wir fast alle noch ausstehenden Besuche gemacht. Wir fingen an der Schule in Chaling an und liefen wieder abwärts von Haus zu Haus. Manche Familien wohnen sehr dicht beieinander, zu anderen spazierten wir durch terrassenartig angelegte Felder und zwischendrin fuhren wir mit dem Minibus zu weiter entfernt lebenden Patenfamilien.

Bei den Besuchen wurde deutlich, dass wirklich viele Familien durch das Erdbeben betroffen sind und ein Großteil von ihnen ihr Zuhause verloren hat. Viele leben in unmittelbarer Nachbarschaft ihres unbewohnbaren oder zerstörten Hauses in einer Zinkblechunterkunft. Das Hab und Gut, das noch vorhanden ist, beschränkt sich häufig auf das absolut Notwendige: Betten, etwas Kleidung und Küchenutensilien.

Heute stand unter anderem der Besuch beim Zuhause meiner Patenjugendlichen Kanchan auf dem Programm. Kanchan war uns schon auf dem Weg zur Schule begegnet, in der Behelfsunterkunft trafen wir dann ihre Mutter und die kleine Schwester Anu. Die Familie lebt in unmittelbarer Nähe zu ihrem noch stehenden, aber unbewohnbaren Haus, das mit seinen zwei Stockwerken einen recht geräumigen Eindruck macht.

Die Notunterkunft aus Zinkblech hat etwa die Größe einer Doppelgarage. Sie hat eine Art Vorraum, eine Kochecke und einen Wohn- und Schlafraum mit zwei Betten. Dort schlafen insgesamt fünf Familienmitglieder. Im Eingangsbereich der Hütte hängt zwischen einigen Familienfotos ein Bild von mir und es hat mich sehr bewegt, als sich die Mutter von Kanchan und Anu vor der Tür unter Tränen bei mir bedankte: es habe ihr und der Familie so viel bedeutet, dass ich ihnen geholfen und an sie gedacht habe. Ich musste den Tag über noch häufig an diese Begegnung denken.

Da nun heute endlich unser fehlendes Gepäck eingetroffen ist, werden wir uns morgen mit drei Reisetaschen voller Kinderkleidung auf den Weg zur Schule in Chaling machen. Dort müssen wir alles erst noch einmal sortieren und auch Kleidung für bedürftige Kinder in Kharipati beiseitelegen, bevor es ans Verteilen geht.